Donnerstag, 6. November 2008

satire scheint das richtige mittel zu sein, um dieses chaos verarbeiten zu können

Was Passanten am Mittwoch Morgen auf dem Mauritiusplatz in Wiesbaden entdecken, verschlägt ihnen erst einmal die Sprache. Rote SPD-Schirme, Fahnen und Plakate, auf denen steht: "Wir geben auf - SPD Hessen." Oder, noch schlimmer: "Es geht auch ohne uns - SPD." Die Leute in der Fußgängerzone bleiben ungläubig stehen.

Doch, es stimmt: Mitarbeiter mit roten Pullovern und Partei-Abzeichen stehen hinter den SPD-Plakaten. "Koch ist auch kein Schlechter", steht da. Es gibt auch kleine Geschenke der Partei, Aufkleber zum Beispiel. "Dann doch - Roland Koch", lautet wohl die aktuelle SPD-Parole. Die Mitarbeiter versichern immer wieder, dass die SPD jetzt genug hat, dass die Partei aufgibt und sich vier Jahre von der Politik zurückzieht.

Wild durcheinander gehen die Meinungen. "Endlich gebt ihr auf", ruft eine Frau, "wir sind für Neuwahlen." Andere, meist SPD-Mitglieder, sind entsetzt und wütend: "Ich finde das unmöglich", schreit ein Mann die vermeintliche Parteigruppe an, "ihr habt einen Wählerauftrag und sollt endlich Euren Job machen". Bald bilden sich dichte Menschentrauben um den Stand, der für die nächsten Stunden zum Austragungsort einer hitzigen Bürger-Debatte über den Zustand der niedergehenden Volkspartei wird. Es geht um Ypsilanti, um die Abweichler, die Geschichte der SPD - die brodelnde Marktplatzdiskussion erregt Aufsehen. "Ypsilanti sollte in sich gehen", meint eine ältere Frau. "Das Fußvolk der SPD hat sie einfach nicht erreicht." Ein Mann in ihrem Alter sieht das noch kritischer: "Mit dem Teufel machen die einen Pakt, um an die Macht zu kommen", wettert er. "Das ist keine SPD mehr." Auf die "Postkommunisten" und die "machtbesessene" Ypsilanti schimpfen viele an diesem Tag. "Die einzige Ehrliche war Frau Metzger", sagt einer. "Die vier Abweichler müssten das Bundesverdienstkreuz bekommen."

Langsam hat sich eine etwa 70-jährige weißhaarige Dame genähert, der jetzt der Kragen platzt: "Also, als ich die Vier da hab sitzen sehen", sagt die Dame und macht eine kleine Pause, "denen hätte ich grad in die Fresse hauen können." Sie pflege noch ihre Mutter, sagt die Dame, hundert Jahre sei die Mutter alt - und Ypsilanti-Fan. "Ihr dürft nie aufgeben", rät die Dame den jungen Menschen am SPD-Stand eindringlich. "Ich sag Euch, die Linken kommen - so wie früher die Grünen gekommen sind."

"Ha, was ein Glück, dass diese SPlanti aufgegeben hat", meint ein Rentner, der einen struppigen Dackel hinter sich herzieht. "SPlanti, ha, die soll Mittag koche und die Wieczorek gleich mit." Murmelnd trottet er von dannen. Am Ende fahren die FernsehSatiriker noch zur Wiesbadener SPD-Parteizentrale. Den Slogan "Wir geben auf - SPD", kleben sie an die Türe. Nichts passiert. Vor dem Spott hat die hessische SPD schon kapituliert.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wunderbar! Das war eine großartige Berichterstattung von der Yps-Heft-Front. Genau das meinte ich, als ich letztens den Kommentar schrieb.

EINHEITSKANZLER hat gesagt…

ah ja, sehr schön. rex cramer, der gefahrensucher unterwegs! sehr mutig! schlafwandelnde soll man ja nicht wecken, auch wenn sie gerade wiederholt gegen eine wand laufen.

läuft übrigens heute abend 2200 zulu auf extra3 (dry) in N3. und ich kanns nicht sehen :(